Das Grazer Filmfestival DIAGONALE in Onlinequarantäne.
„Die Unvollendete“, so nennen Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber ihre diesjährige Ausgabe der DIAGONALE. Die beiden Intendanten des Festivals des Österreichischen Films in Graz waren mit den Programmvorbereitungen längst fertig, als die Corona-Krise sie gezwungen hat, mit dem Festival in die Onlinequarantäne umzusiedeln.
Auf der ORF-Streamingplattform flimmit.com und auf der Streamingplattform der Österreichischen Arthousekinos vodclub.online werden jeweils Teile des ursprünglich für Graz geplanten Festivalprogrammes gezeigt.
Einer der DIAGONALE Wettbewerbsfilme, der auf flimmit.at zu sehen ist, ist Jessica Hausners Sci-Fi-Film „Little Joe“, der bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes Premiere feierte. Im Zentrum des Filmes steht die Biologin Alice (Emily Beecham), die eine genmanipulierte Pflanze – Little Joe – entwickelt hat, deren Duft die Menschen glücklich machen soll. Aber das Glücks-Projekt entgleitet und kippt in eine Horrorgeschichte. Die Pflanze ist bei weitem nicht so harmlos, wie gedacht und ruft unheimliche Veränderungen bei den Menschen hervor.
Jessica Hausner ist bei der diesjährigen Online-DIAGONALE auch die Reihe „Zur Person“ gewidmet. Mit im DIAGONALE flimmit Abo befinden sich Hausner-Filme wie Amour Fou, Hotel, Lovely Rita oder Lourdes, die immer eine Wiederentdeckung wert sind. Hausner ist eine Meisterin verschmitzter Mehrdeutigkeit. Im Mittelpunkt ihrer Filme stehen meist Frauen, die den Unkontrollierbarkeiten des Lebens auf eigen- sinnige Weise entgegentreten.
Das Online Kurzfilmprogramm der DIAGONALE beschäftigt sich mit dem Themenfeld Jugend und Identität. Unter dem Programmtitel „Me and you and everyone we know“ haben die beiden DIAGONALE Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber ein filmisches Kaleidoskop der Jugend mit 6 Coming-of-age Filmen zusammengestellt.
Wie ein Vorgriff auf unsere aus Raum und Zeit gefallene Corona-Quarantäne erscheint das experimentelle Film-Portrait „Ralfs Farben“ von Lukas Marxt über den Künstler Michael Petri, der seit Jahren zurückgezogen auf Lanzarote lebt. Landschaft und Film, Innenwelt und Außen und das Denken eines Mannes, das sich in Kreisen und Spiralen dreht verschmelzen zu einem experimentellen Filmamalgam. Eine „Halbphantasy“ passend zur Realitätsentrücktheit dieser seltsamen Zeit.
Ein komödiantisches Kontrastprogramm dazu ist die Dreiecksgeschichte „Glück gehabt“ von Peter Payer: Der Nachhilfelehrer Artur führt eine gemächlich-glückliche Ehe mit Rita, die gerade auf dem Sprung ist Schuldirektorin zu werden, als die junge Alice in Arturs Leben platzt. Die Geschichte steigert sich zu einem schwarzhumorigen Thriller, bei dem der biedermeierliche Bobo- Alltag aus den Fugen gerät.
Die Filme der „Unvollendeten“ DIAGONALE 2020 erscheinen in einer Zeit des verordneten Social-Distancing in einem ganz besonderen Licht. Sie machen Lust aufs Kino. Und auch darauf, beim Festival 2021 wieder in den Annenhof, das Schubert- oder Rechbauerkino zu gehen, durch die Gassen der Grazer Altstadt zu flanieren, echte Menschen zu treffen und nicht bloß ein Leben wie im Film zu führen.
DIAGONALE Festival des österreichischen Films
DIAGONALE 2020 Online Filmfestival
www.diagonale.at www.flimmit.com
DIAGONALE Retrospektiv
Sebastian Höglinger und Peter Schernhubers Filmempfehlungen aus früheren DIAGONALE Festivals auf VOD-Club www.vodclub.online