
Bilder der Freiheit im Kopf: Mit Arman T. Riahis preisgekröntem Film „Fuchs im Bau“ über einen Zeichenlehrer in einem Jugendgefängnis wird das Festival des Österreichischen Films in Graz eröffnet. Im echten Leben!
„Die Farbe des Chamäleons“ von Jörg Klaubetz erzählt von Paul, der wahllos unbekannten Menschen ihre Taschen klaut. Der neue Film von Sebastian Brauneis und Ensemble „1 Verabredung im Herbst“ operiert in bewährter Manier mit Guerilla-Kollaborationen und markanten Kapriolen und erzählt dabei die Geschichte liebender und sich entliebender Menschen.
In ihrem Spielfilmdebut „Hochwald“ erzählt Evi Romen von der schmerzhaften Sinnsuche eines jungen Mannes. Schnell ist klar: Der einzige Weg in eine selbstbestimmte Zukunft ist der Ausbruch. „Life on the Horn“ von Mo Harawe erzählt fast wortlos die Geschichte einer Vater-Sohn Beziehung an der Küste Somalias in prägnanten Schwarz-Weiß-Tableaus.
Im Filmwettbewerb, dem Herzstück des Festivals, zeigt die Diagonale’21 108 aktuelle österreichische Spiel-, Dokumentar-, Kurz-, Animations- und Experimentalfilme und vergibt Österreichs höchstdotierte Filmpreise, allen voran die Großen Diagonale-Preise des Landes Steiermark für den besten Kinospielfilm und den besten Kinodokumentarfilm des Festivals.
Die diesjährige Personale ist der Filmemacherin Jessica Hausner gewidmet, gezeigt werden unter anderem ihre Filme Amour Fou, Attwenger, Flora und Hotel sowie Little Joe.
Dokumentarfilm wird groß geschrieben bei der Diagonale: „Aufzeichnungen aus der Unterwelt“ von Tizza Covi und Rainer Frimmel kreist um zwei alte Freunde aus dem kriminellen Wiener Milieu der 1960er Jahre. Transhumanismus und seine Pioniere: „Endlich Unendlich“ von Stephan Bergmann spürt dem Phänomen zwischen Wahn und Sinn nach. Arthur Summereder dokumentiert mit „Motorcity“ die Drag-Racing-Szene in Detroit, wo aufwendig frisierte Fahrzeuge binnen kürzester Zeit gewaltige Geschwindigkeiten erreichen, ein Rennen währt nur wenige Sekunden. In „Vakuum“ erzählt Kristina Schranz die ersten Kapitel der Pandemie in ihrer Heimat, dem Südburgenland. Wie geht es weiter, ist die Frage die alles bestimmt. „Once upon a Time in Venezuela“ schildert in eindrücklichen Bildern die Geschichte eines kleinen Dorfes am Rande des Maracaibo Sees in Venezuela. Gezeigt wird, wie zersetzend die Kräfte des Populismus wirken.
Die DIAGONALE schwimmt gegen den Corona-Strom.
„Nach dem Frühstück ziehe ich meinen Pyjama an und gehe in die Schule.“
Dieser Satz einer Volksschülerin stammt aus dem Dokumentarfilm „Vakuum“ von Kristina Schranz, der auf der diesjährigen DIAGONALE zu sehen sein wird. Kristina Schranzs Film „Vakuum“ beschäftigt sich mit dem Alltag im Lockdown in der Südburgenländischen Heimat der Filmemacherin; mit Vereinzelung, Verlassenheit und einer Welt im Stillstand. Aber auch mit skurril-liebevollen Ideen wie einem choreografierten Handwaschtutorial für VolksschülerInnen vor der Wiedereröffnung der Volksschule.
Manche denken bei Corona ja an eine Alien- Invasion: „Jesus: Aliens! I think“ , der Kurzfilm von Sophie Bösker, der bei der DIAGONALE uraufgeführt wird, portraitiert den Alltag der Familie Bösker, die während des ersten Lockdowns nicht ganz freiwillig wieder gemeinsam unter einem Familiendach gelandet sind. Was in dem Film Skript und was echt ist, verrät Sophie Bösker nicht. Der Film zeichnet ein Bild eines lockdown-entrückten Alltags, in dem die Corona-Krise sichtbar macht, worüber sonst so leicht hinweg gesehen wird. Neurotische Schübe, zwanghaftes Rasenmähen und Eltern, die eine Alien-Invasion erwarten.
Amüsante Beobachtungen des ernsten Alltags stehen im Mittelpunkt des Kurzfilmes „Actually – a Summer Film“ von Sasha Pirker: Von der Kunst des Schwimmens gegen Wellen über Leerstellen in der Sprache bis zu österreichischen Trinkgewohnheiten. Verwoben mit stummen Bildmontagen einer nur scheinbar unbeschwerten Familienfeier aus Thomas Vinterbergs erstem Dogma-95-Film Festen. Eine verschmitzte Filmminiatur als Einladung um gegen den Strom zu schwimmen und nachzudenken.
Wer die Sendung ohne Namen kennt, hat auch schon Bekanntschaft mit den aberwitzigen Assoziationsketten von Sebastian Brauneis gemacht. 40 Folgen der Sendung hat er für den ORF gestaltet. Sein Spielfilm „Verabredung im Herbst“, der auf der diesjährigen DIAGONALE uraufgeführt wird, fügt dem Brauneis ́schem Universum nach dem Fiction-Thriller „Zauberer“ und „3freunde2feinde“ einen weiteren abendfüllenden Film hinzu.
„Es gibt ganz verschiedene Arten der Liebe, aber gut ausgehen tut ́s fast nie“, erklärt ein Gärtner zu Beginn von Sebastian Brauneis neuem Film.
Hoffen wir, dass zumindest die diesjährige DIAGONALE „gut ausgeht“, denn wer sie kennt, der liebt sie.
Auswahl aus dem Spielfilmprogramm:
Fuchs im Bau, Arman T. Riahi, AT 2020, ‘103
08.06. + 12.06.2021
Die Farbe des Chamäleons, Jörg Klaubetz, AT 2020, ‘96
10.06. + 13.06.2021
1 Verabredung im Herbst, Sebastian Brauneis, AT 2021, ‘105
10.06. + 11.06.2021
Hochwald, Evi Romen, AT/BE 2020, ‘108
11.06. + 13.06.2021
Life on the Horn, Mo Harawe, AT/DE/SO 2020, ‘25
10.06. + 13.06.2021
Auswahl aus dem Dokumentarfilm Programm:
Aufzeichnungen aus der Unterwelt, Tizza Covi / Rainer Frimmel, AT 2020, ‘115
09.06. + 12.06.2021
Endlich Unendlich, Stephan Bergmann, AT/DE 2021, ‘92
09.06. + 12.06.2021
Motorcity, Arthur Summereder, AT 2021, ‘86
09.06. + 11.06.2021
Vakuum, Kristina Schranz, AT/DE 2021, ‘82
09.06. + 13.06.2021
Once Upon a Time in Venezuela, VE/GB/AT/BR 2020, ‘99
09.06. + 13.06.2021
Das gesamte Programm findet sich online.
Diagonale‘21
Festival des österreichischen Films Graz
08. – 13.06.2021
www.diagonale.at