And other Stories – Kulturelle Untersuchungen an der Schnittstelle zwischen Film, Kunst und Gesellschaft
Die österreichische Künstlerin Marlies Pöschl siedelt ihre Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Film, Bildender Kunst und Literatur an. Mit Laiendarsteller_innen, dokumentarischen Techniken und fiktiven Elementen hinterfragt sie Themen rund um Bildung, Kommunikation und der Konstruktion von Identität.
Die aus Salzburg stammende Künstlerin Marlies Pöschl zog es zum Studium an die Universität für angewandte Kunst nach Wien. Seitdem lebt sie in der österreichischen Hauptstadt und arbeitet dort an ihren Filmen, Installationen, Fotografien, Texten und Performances. Ihre Arbeiten, die an der Schnittstelle zwischen, Film, Bildender Kunst und Literatur, aber auch oft in einem Dazwischen von Dokumentation und Fiktion angesiedelt sind, greifen Themen von kultureller Identität, Sprache, Kommunikation, Migration sowie Bildungsthemen auf. In ihren filmischen Arbeiten kommt als Gemeinsamkeit der Umstand zu tragen, dass das Filmset als sozialer Ort der Interaktion und das Filmemachen selbst als Prozess betrachtet wird.
Pöschl lebte auch viel im Ausland: Frankreich, China oder Iran. Sie interessiert sich vor allem dafür, wie Gemeinschaften funktionieren, und welche Utopien ihnen zu Grunde liegen.
Marlies Pöschl sieht genau hin. Mit dem Blick von außen, der noch nicht durch die Gewohnheiten des Alltags überlagert wurde. So entdeckt sie vor Ort die Themen für ihre Filme. Aus ihren Aufenthalten haben sich auch einige Kooperationen ergeben: Zum Beispiel das aktuelle Projekt „Cinema Cristal“. Die Idee dazu kam Marlies Pöschl als ein befreundeter Architekt aus Teheran sie durch die Lalezar-Straße führte. Diese Straße ehemaliger Kinos ist heute von einer Vielzahl an Leuchtkörpern geprägt. Sie wird zum Anstoß für die Auseinandersetzung mit dem Kino als Erinnerungsraum.
Wie Sprache unsere Identität bestimmt
In einem ihrer ersten Filme „L’Ecole de Simili“ beleuchtet Marlies Pöschl das Thema „Migration“ aus zwei Perspektiven: Da geht es erstens um Jugendliche aus der zweiten Generation, die ihren eigenen Slang entwickelt haben, um sich mittels Sprache von den „Einheimischen“ abzuheben. Zweitens sind die Protagonist_innen des Films selbst keine gebürtigen Französinnen und Franzosen, sondern pendeln zwischen verschiedenen Ländern hin und her. Da Dialekt die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft demonstriert, initiieren die jungen Mädchen und Burschen einen eigenen Sprachkurs, um den Slang der Jugendlichen aus den Banlieues zu erlernen. Die verschiedenen Dialoge gewinnen beim Üben ein Eigenleben. Während dieser Film in Paris spielt und junge Menschen portraitiert, die sich fragen, was Heimat bedeutet, und auf der Suche nach ihrer Identität sind, beschäftigt sich die Videoinstallation „Practice“ mit einer anderen Seite des
Migrationsthemas. Hier spielt sich das ganze in China ab und es geht um eine ethnische Minderheit, die Uiguren. In dieser Videoinstallation versucht Marlies Pöschl einzufangen, wie die Repräsentation einer „anderen“ Kultur durch das offizielle System funktioniert, wie wird sie erlernt und welche Rollen, welche Vorteile gibt es bzw. bestätigen sich. Gezeigt werden die Proben einer Tanzgruppe in Shanghai, die den Tanz der Uiguren einstudiert.
Filmische Arbeit mit Impulsen und das Spiel
mit Realität und Fiktion
Marlies Pöschl taucht bei ihren Aufenthalten im Ausland in fremde Kulturen ein, beobachtet neugierig und erkundet auf spielerische Weise die Menschen und die bestehenden Verhältnisse, die so zum Thema ihrer Arbeiten werden. Dabei bedient sie sich gerne unkonventioneller dramaturgischer Methoden. Ihr Interesse am Schauspielen und der Performance ist dabei sehr groß. Die Interaktion zwischen den Charakteren und auch die Arbeit mit Impulsen aus Tanz- und Gruppenübungen spielt in einigen ihrer Arbeiten eine große Rolle.
In ihren Drehbüchern gibt sie nicht alles konkret vor, vielmehr lässt sie vieles offen und arbeitet auch gerne mit Laiendarstellern und -darstellerinnen zusammen. Es ist ein Prozess des Suchens, der auch die Methoden des Filmemachens selbst hinterfragt. Ergebnisse solcher Forschungsprozesse sind Filme wie „L’Ecole de Simili“, „The Machine Stops“ oder auch „Sternheim“.
Dabei kann das Filmprojekt gleichzeitig auch Auslöser weiter reichender sozialer Interventionen werden, wie zum Beispiel bei „Sternheim“: In einem offenen Prozess wurden Schüler und Schülerinnen gefilmt, die gleichzeitig in eine Workshop- und Castingsituation geworfen werden. Durch dieses Aufeinanderprallen verschiedener Aufgabenstellungen und Drucksituationen wissen die jungen Darsteller_ innen am Ende nicht mehr, was real und was fiktiv ist.
Die Arbeit „Complex“ für das Donaufestival in Krems im Jahr 2016 beschäftigte sich nicht mit Rollenbildern oder Identitätskonstruktionen eines „fremden“ Kulturraums, sondern mit Räumen. Wie werden Räume konstruiert, wo sind ihre Grenzen? Dazu werden halb geheime Fitnessräume aus Teheran gezeigt, visuell sind nur die Räume zu sehen, aber auf einer Tonebene werden Field Recordings abgespielt, die die Menschen in die Räume bringen. Marlies Pöschl wollte mit dieser Arbeit Räume schaffen, bei denen nicht klar ist, ob es eine Grenze gibt und wenn ja wo. In Teheran gibt es eine starke Grenze zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich und dahinter gibt es noch ganz viele versteckte Grenzen, diesen Umstand greift Marlies Pöschl in ihrer Installation auf.
Pöschl nimmt in ihren künstlerischen Arbeiten die Zuseher_innen mit auf eine Reise in eine unbekannte Welt und zeigt wie Gemeinschaften funktionieren können, wie sich Identitäten zusammensetzen und auch welche Fragen sich dabei auftun. Aber auch Sprache und Kommunikation sind wichtige Themen und ziehen sich durch einige Arbeiten der jungen Künstlerin.
Marlies Pöschl
Künstlerin
Filme, Installationen, Fotografien,
Texte & Performances
zwischen Bildender Kunst,
Film & Literatur
www.marliespoeschl.net