09.09. – 10.10.2021.
Der steirische herbst ist das dienstälteste Festival für interdisziplinäre und zeitgenössische Kunst in Europa. Jährlich zwischen September und Oktober, in einem Zeitraum von drei bis vier Wochen, verwandelt sich Graz so zur Festivalmetropole. Neben dem sogenannten Kernprogramm umfasst der steirische herbst auch ein Parallelprogramm und die Festival-im-Festival Programme musikprotokoll, STUBENrein und Out of Joint.
Dabei kann der steirische herbst bereits auf eine lange Geschichte der Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum zurückblicken und wagt sich heuer auch radikal nach draußen, heraus aus dem Lockdown, aber auch heraus aus der sicheren institutionellen Blase.
„The Way Out“ lautet das diesjährige Motto des Festivals und beschäftigt sich mit der Frage inwieweit Kunstwerke in das Alltägliche eindringen können, sei es nun in Form von zufälligen Begegnungen, lokalen Workshops oder öffentlichen Versammlungen. Nach einem Jahr des Lockdown Lebens und der Online Kultur – haben sich zwei Dinge gezeigt: wie wertvoll Online Kultur ist wenn es darum geht ein Publikum jenseits geografischer Grenzen zu erreichen einerseits und andererseits wie wichtig, die Wiederentdeckung der Außenwelt jetzt wieder ist.
Eröffnet wird das Festival im öffentlichen Raum mit einer neuen Installation von Marinella Senatore. Bis Mitte September beleben außerdem groß angelegte Straßeninterventionen von Sophia Brous (mit Faye Driscoll, Samara Hersch und Lara Thoms) und Flo Kasearu sowie Situationen von Tino Sehgal die Parks, Gassen und Plätze von Graz. Die Realität wird auf die Probe gestellt: sich bewegende Körper der Stadtbewohnerinnen & Bewohner sowie der Performerinnen und Performer fließen in Kunstwerken ineinander.
Viele der Festivalprojekte basieren auf einer intensiven Zusammenarbeit mit sozialen Organisationen in Graz und der Steiermark. Ein Monument zu Ehren Simone Weils von Thomas Hirschhorn, der für seine jahrelange Auseinandersetzung mit gemeinschaftlichen Projekten bekannt ist, fußt auf ebensolcher Arbeit vor Ort. Dejan Kaludjerović hat anhand von Interviews mit Kindern über Themen wie Krieg, Rassismus oder die Pandemie in Zusammenarbeit mit Marija Balubžić, Bojan Djordjev und Tanja Šljivar eine Oper entwickelt. Theaterregisseur Felix Hafner veranstaltet in Zusammenarbeit mit der steirischen Kulturinitiative Workshops in den Orten Weiz, Deutschlandsberg und Maria Lankowitz, bei denen er Performances mit lokalen Einwohnerinnen und Einwohnern statt Theaterensembles entwickelt und sich damit auseinandersetzt, was die Teilnehmenden quer durch die Generationen zu Protest und öffentlichem politischen Engagement antreibt.
Das diskursive Programm „Ideen“ kreist heuer um die Stolpersteine der postpandemischen Realität und sucht nach Möglichkeiten, diese aus dem Weg zu räumen. Den Auftakt macht Paul B. Preciado, fortgesetzt wird das Programm von einer Vielzahl von Online-Keynotes von Autorinnen, Autoren und Denkerinnen und Denkern unter dem Titel The Way Out Of … Eine zusammen mit dem Forum Stadtpark organisierte Konferenz über Transformation untersucht gleichzeitig aktuelle Debatten rund um Kriegskommunismus, Wirtschaftsplanung, Mobilität und Arbeit in einer Ära, die von Krisen und einem rasanten historischen Wandel geprägt ist.
Angesichts der gegenwärtigen Hygienemaßnahmen und Unsicherheiten im Reiseverkehr legt der steirische herbst Wert darauf, seine Produktionen für all jene zu öffnen, die sie unter den derzeitigen Bedingungen nicht besuchen können oder wollen. Drei große Bühnenstücke von Hito Steyerl und Mark Waschke, Žiga Divjak (eine Koproduktion mit dem Mladinsko Theater in Ljubljana) und Yael Bartana werden im Rahmen des Festivals im Grazer Orpheum uraufgeführt und aufwändig gestreamt. Diese Stücke behandeln große Themen der Gegenwart, etwa den digitalen Feudalismus, Volksaufstände, toxischen Nationalismus sowie die Klimakrise.
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler sind in diesem Jahr unter anderem Yael Bartana; Uriel Barthélémi mit Sophie Bernado & Salomon Baneck-Asaro; Sophia Brous mit Faye Driscoll, Samara Hersch und Lara Thoms; Phil Collins; Lars Cuzner; Žiga Divjak; Nicholas Grafia & Mikołaj Sobczak; G.R.A.M.; Nilbar Güreş; Hans Haacke; Horst Gerhard Haberl; Felix Hafner; Heimo Halbrainer; Thomas Hirschhorn; Hiwa K; Dejan Kaludjerović in Zusammenarbeit mit Marija Balubžić, Bojan Djordjev und Tanja Šljivar; Flo Kasearu; Boris Mikhailov; Paul B. Preciado; Die Rabtaldirndln; Tim Radya; Reverend Billy & The Church of Stop Shopping; Stefanie Sargnagel; Tino Sehgal; Marinella Senatore; Mounira Al Solh; Hito Steyerl und Mark Waschke; Theater im Bahnhof und Rosemarie Trockel.
steirischer herbst 2021
09.09. – 10.10.2021
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